Nach dem Karneval, so habe ich es gelernt seitdem ich in Köln lebe, kommt klassischerweise die Fastenzeit. Dabei ist das Fasten an sich – also „was gefastet wird“ inzwischen deutlich weniger klassisch. Schon die Kinder in der KiTa werden gefragt, was sie denn fasten wollen. Süßigkeiten, Fernsehen,…
Mir war das immer fremd. Aber letztes Jahr habe ich einen Selbstversuch gestartet. Ich wollte auch mal etwas fasten. Süßigkeiten war mir zu hart. Ich wählte „fernsehen“ (das beinhaltete durchaus auch Streamingdienste). Und das war – so ungern ich das zugebe – viel härter als ich erwartet hätte. In der ersten Woche war ich wirklich schlecht gelaunt. Und auch kaputt. Ich erkannte, dass ich mich oft abends mit Sofa und Fernsehen entspannt hatte. Dann war klar, dass der Tag zu Ende ist und keine Aufgaben mehr zu erledigen waren.
Wenn Sofa und Fernsehen aber ausfallen…. ? Na, dann macht man einfach immer weiter. Es gibt ja immer etwas zu tun. Das geht natürlich auf Dauer nicht. Ich war also gezwungen, mir alternative Entspannungsmöglichkeiten zu suchen. Und das war wirklich spannend. Ich machte Dinge, für die ich sonst nie „Zeit“ hatte. Manches war schön. Bei manchen Dingen erinnerte ich mich dann, warum ich sie so lange nicht getan hatte. Insgesamt erschienen mir die Tage oft länger und voller – auf eine gute Art.
Ich war trotzdem dann ganz erleichtert, als Ostern vor der Tür stand. Und es war ein ganz anderer Genuss nach Wochen der Abstinenz wieder einen Film zu sehen. Ganz bewusst.
Was ich damit sagen will? Nun, die Fastenzeit gibt einen wunderschönen Rahmen – eine Spielwiese sozusagen – für Experimente. Ich kann einfach mal ausprobieren, wie es ist, etwas wegzulassen. Ich könnte aber auch ausprobieren, wie es ist, etwas anders zu machen oder etwas hinzuzufügen (ein neues Ritual, eine andere Ernährung, …). Kurz: Eine Verhaltensänderung auf Zeit. Das nimmt ein bisschen den Druck. Und im besten Fall habe ich ein paar „Leidensgenoss*innen“, mit denen ich mich austauschen kann. Ist auch irgendwie lernen….