Woran denken Sie, wenn Sie eLearning hören? Ich bin immer mal wieder verwundert, wie viele Menschen direkt an Videos denken. Entweder Videos, in denen ein*e Expert*in zu sehen ist und Inhalte vermittelt oder an hochwertig produzierte Animationsvideos – wahlweise als Comic/Zeichentrick oder gar als 3D-Animation.
Natürlich können Videos als ein Medium im eLearning eingesetzt werden. Aber sie sollten nicht das einzige Medium sein. Vor allem sollten Video und Lernprogramm nicht gleichgesetzt werden. Sie sind nicht gleich. Ein Lernprogramm ist optimalerweise interaktiv. Die Lernenden werden mit eingebunden, müssen sich aktiv/explorativ Inhalte zu eigen machen, müssen ggf. kleine Quizfragen beantworten oder einen Abschlusstest bestehen. Ein Video kann Teil eines Lernprogramms sein. Anders herum funktioniert das nicht.
Ich persönlich bevorzuge fast immer Lernprogramme. Ich fühle mich da weniger ausgeliefert. Im besten Fall kann ich navigieren, z.B. eine Seite/eine Folie/ einen Schritt weiterblättern bzw. überspringen, weil mir der Inhalt schon bekannt ist. Ich kann auch über ein (hoffentlich) verfügbares Menü direkt zu dem Punkt navigieren, der mich interessiert. Ich kann zurückspringen, um noch einmal kurz etwas nachzuschlagen, etc. Bei einem Video – vor allen bei den Versionen, in denen eine Person sichtbar ist, die spricht – kann ich nicht blättern. Ich kann nicht überfliegen, ob mich der Text interessiert, oder ob ich alles schon kenne. Ich kann vielleicht auf gut Glück weiterspringen auf einer Zeitleiste – unwissend, ob es a) dort interessanter ist und b) ich jetzt nicht doch etwas verpasst habe.
Sicherlich sind diese Videos schnell zu produzieren und inzwischen braucht es gar nicht mehr viel Technik, um ein ansehnliches Ergebnis zu produzieren. Schwierig wird es allerdings, wenn im Nachhinein noch etwas geändert werden soll. Und sie sind oft unglaublich langweilig. Die meisten Expert*innen für ein bestimmtes Thema sind leider nicht unbedingt Expert*innen bei der interessanten Vermittlung. In einer langweiligen Vorlesung an der Universität könnte ich zumindest nochmal eine Frage stellen, um mich wach zu halten.
Ich habe bisher erst eine einzige Videoreihe eines Experten gesehen, bei der ich freiwillig mehrere Videos hintereinander angesehen habe. Da war der Experte gleichzeitig auch Schauspieler und Speaker. Das hat sehr geholfen. (http://www.hoensbroech.de/severin/)
Wenn Ihnen bei Videos eher eine 3D-Animation vorschwebt, z.B. Blutkörperchen, die durch die Blutbahn rasen, wie man sie eine Zeit lang bei CSI gesehen hat, dann stehen Aufwand/Preis und Lernerfolg nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis zueinander. Das ist natürlich schick, aber wird in den meisten Fällen das Budget deutlich übersteigen und nicht unbedingt zu einem größeren Lernerfolg führen.
Wichtig ist, sich zu überlegen, was das Lernziel ist und wie dieses am geschicktesten erreicht werden kann, bezogen auf die Zielgruppe, das Thema – aber natürlich auch auf die Ressourcen, die zur Verfügung stehen. Und natürlich lassen sich einzelne Medien auch geschickt miteinander kombinieren …