
Als ich in der Schule Spanisch lernte, war mein Anspruch klar: Bevor ich einen Satz laut sagen konnte, musste er perfekt sein – grammatikalisch korrekt, sinnvoll, gut ausgesprochen. Das machte das Sprechen in der Praxis ziemlich schwierig. Genauer gesagt: Ich sprach kaum.
Als ich dann zum ersten Mal mit einem Freund in Spanien war, wurde es fast schon absurd.
Ich hatte mehrere Jahre Spanischunterricht hinter mir, er nur einen alten Urlaubscrashkurs – aber er redete munter drauflos. Allerdings verstand er die Antworten oft nicht – ich schon. Also übersetzte ich ins Deutsche. Er sprach, ich verstand. Wir müssen ein absurdes Bild abgegeben haben.
Bis heute kann ich mich auf Spanisch nicht wirklich unterhalten. Ich habe nie den Schritt gewagt, mich zu trauen. Ich habe auf den Moment gewartet, in dem es – ich – perfekt gewesen wäre. Der kam nie.
In anderen Sprachen war das anders. Da musste ich sprechen und durfte Fehler machen. Natürlich. Was für ein Anspruch in einer Fremdsprache fehlerfrei (und akzentfrei) unterwegs zu sein. So habe ich meine Fähigkeiten in diesen Sprachen ausbauen können.
Während Perfektionismus von innen lähmen kann, lähmt eine Atmosphäre, in der für Fehler immer ein Schuldiger (oder eine Schuldige) gefunden werden muss, von außen. Letztendlich ist es Perfektionsdruck von außen. Und Druck führt nur selten zu besseren Ergebnissen. Im schlechtesten Fall vermeiden wir es ganz, aktiv zu sein. Wer nichts tut, ist auch nicht schuld.
Doch es ist menschlich, Fehler zu machen. Entscheidend ist nicht, wer schuld ist, sondern was wir daraus mitnehmen. Wie wir aus Fehlern lernen. Wie wir verhindern, dass sich dieselben Fehler wiederholen. Die Schuldfrage lenkt ab. Sie führt zu nichts – außer Stillstand.
In meinen Workshops gehören Fehler fest dazu. Ich kündige das auch immer an: Fehler sind willkommen. Ich möchte, dass Menschen sich trauen Dinge auszuprobieren. Wenn nicht im geschützten Rahmen eines Trainings oder Workshops – wann dann? Jeder „Fehler“, der im Training gemacht wird – und der für alle meistens erhellend ist – muss nicht mehr im „echten Leben“ gemacht werden. Meist erinnern sich Teilnehmende auch genau an diese Fehler; und wie sie sie verhindern oder lösen können.
Durch Fehler wird es spannend. Dann entsteht Entwicklung, Erkenntnis, Veränderung.
Aber: Wenn wir durch Fehler wachsen – sind es dann überhaupt Fehler?
Oder brauchen wir vielleicht einen neuen Namen für diese kleinen, unbequemen, aber so wertvollen Schritte auf dem Weg?